1940: Wir waren viele Kinder - Horden von Kindern und wir spielten auf der Straße. Das war der schönste Spielplatz der Welt. Hopse, Schlagball, Fußball, Einkriegezeck, Drittenabschlagen. Weit und breit nichts was uns stört.
Eines Tages wagte sich ein Auto in unser Revier. Welch eine Ungeheuerlichkeit. Es parkte auch noch dort! Ein paar ganz pfiffige Jungens meinten, das lassen wir uns nicht gefallen! Das Fenster stand offen, die Handbremse war nicht angezogen. Es war nicht schwer, das Vehikel anzuschieben. Alle packten mit an und schoben das Auto um die nächste Straßenecke. Der Fahrer kam wieder – und erstarrte: Das Auto war weg! Die Kinder aber auch. Er schimpfte und konnte sich die Zusammenhänge wohl erklären, klingelte bei der nächsten Haustür. Eine verstörte Mutter rief ihre Kinder zur Ordnung und das Rätsel klärte sich auf, nach einem bedrippsten Geständnis einiger der Schuldigen. Die anderen sind in den nahen gelegenen Wassergraben geflüchtet und schimpften. Ein ganz Pfiffiger meinte: „Der hat wohl zu viel Tinte getrunken“.
Auf dem Areal zwischen Eiderstedter Weg 10 und Schopenhauerstraße, diese entlang bis zum Ilsensteinweg, befand sich bis weit in den Krieg hinein ein Wäldchen. Kiefern, ordentlich eingezäunt von einem Maschendrahtzaun. Dieser rostete vor sich hin und ging im Laufe der Jahre in die Brüche. Die Rückseite des Waldes wurde begrenzt durch eine Mauer, an der entlang der während der Bombardements angefallene Schutt entsorgt wurde. Die Jahre wurden knapper, es war bitterkalt. Brennholz fand man zunächst auf den Trümmern der Ruinengrundstücke, dann war das auch alles weg. Die Tage waren klar und sonnig, die Nächte dunkel und eisig. Nacht für Nacht durchhallte das Ritsch-Ratsch von Sägegeräuschen die dunkle Gegend. Das Wäldchen lichtete sich. Und bestand schließlich nur noch aus einem Rand von dünnen Bäumen. Auch diese verschwanden.
Kinder eroberten sich den sandigen Boden und spielten Fußball. Das Areal wurde kleinteilig parzelliert, der Sandboden umgegraben und es wurde versucht, etwas Gemüse anzubauen. Als Begrenzung dienten damals alte Bettgestelle, die sich mehr oder minder beschädigt auf den Ruinengrundstücken befanden. Bewässerung? Eimerweise von der Pumpe am Dubrowplatz.
Heute ist dort auf einem Teil eine Wohnsiedlung entstanden. Für die Ecke Schopenhauerstraße / Ilsensteinweg - die sehr verwegen und mehr oder minder Wildwuchs war, hatte ein Vater eine Elterninitiative ins Leben gerufen. Das war der Beginn des heutigen Kinderspielplatzes, der in der wievielten Generation Anziehungspunkt für den Schlachtenseer Nachwuchs ist. Beim Stichwort „Spieli" bekommt noch heute so manche Mutter, so mancher Vater leuchtende Augen.
Von F. M.-W.